Moderation: Gideon Botsch
Wie ist es, herauszufinden, dass der Vater ein Attentäter war? Traudl Bünger kannte ihren Vater als einen fürsorglichen Mann, auf den sie sich stets verlassen konnte, der aber auch rigide Meinungen vertrat. Schon als Kind wusste sie, dass ihn ein Geheimnis umgab, über das er stets eisern schwieg. Nach seinem plötzlichen Tod beginnt sie, dieses Geheimnis zu lüften – und wird in die frühen Sechzigerjahre katapultiert: Deutschland ist frisch durch die Mauer geteilt, Bundeskanzler Konrad Adenauer will die BRD als verlässlichen internationalen Partner etablieren. Da flammt ein Konflikt auf, der die junge BRD emotionalisiert und in dem auch Traudl Büngers Vater tatkräftig mitmischt. Im Herbst 1962 fährt er mit Gesinnungsgenossen nach Italien. Ziel der Mission: Völkerrechtsverletzungen an »Volksdeutschen« in Südtirol brandmarken. Das Mittel: Sprengstoff. Das Ergebnis: Ein Toter und zahlreiche Verletzte.
Was hat ihren Vater im Alter von 27 Jahren zu dieser Tat verleitet? Was für ein Mensch war er? Traudl Büngers Recherchen führen sie in zahlreiche Archive und in drei Länder. Sie beginnt, mit Angehörigen über das Geschehene zu sprechen. Dabei blickt sie nicht nur in die Abgründe ihrer Familiengeschichte. Sie führt uns auch tief in die Historie der Bundesrepublik, des Kalten Krieges und seiner Propagandaschlachten. »Eisernes Schweigen« zeigt ein junges Land, das sich neu positionieren muss und dabei die Schatten seiner Vergangenheit konsequent übersieht – bis heute.
Traudl Bünger konzipiert seit 2004 Kulturveranstaltungen, u. a. als Programmleitung der lit.Cologne und lit.Ruhr, und arbeitet als Kritikerin und Publizistin. Gemeinsam mit Roger Willemsen schrieb sie den Bestseller »Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort. Die Weltgeschichte der Lüge«. Für die Arbeit an »Eisernes Schweigen« wurde sie vom Fritz-Bauer-Institut unterstützt, außerdem mit dem Wellershoff-Stipendium der Stadt Köln, dem Autor*innenstipendium der Kunststiftung NRW und dem Arbeitsstipendium des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft NRW ausgezeichnet.
Dr. Gideon Botsch ist außerplanmäßiger Professor für Politikwissenschaft an der Universität Potsdam und Leiter der Emil Julius Gumbel Forschungsstelle Antisemitismus und Rechtsextremismus des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien Potsdam.
In Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung und der Stadtbibliothek Bonn
Saal im Haus der Bildung, Mülheimer Platz 1, Bonn
Eintritt frei